Internationale Rente

Arbeitszeiten in Polen: Anerkennung für die deutsche Rente

28. Juli 2025 | Lesedauer: 9 Minuten
Polnische Rente

Polen ist das wichtigste Herkunftsland für Arbeitnehmer mit internationalen Arbeitsbiografien in Deutschland. Seit dem EU-Beitritt Polens 2004 haben viele polnische Staatsbürger ihre berufliche Laufbahn in beiden Ländern verbracht. Die gute Nachricht: Alle Arbeitszeiten können vollständig anerkannt werden.

Wichtig für polnische Arbeitnehmer:

Das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen garantiert die vollständige Anerkennung Ihrer polnischen Arbeitszeiten. Bereits ab einem Versicherungsmonat in Polen haben Sie Anspruch auf Berücksichtigung.

Rechtliche Grundlagen

EU-Verordnung zur Koordinierung

Seit Polens EU-Beitritt am 1. Mai 2004 gilt die EU-Verordnung 883/2004. Diese regelt:

  • Gleichbehandlung mit deutschen Versicherten
  • Zusammenrechnung aller EU-Versicherungszeiten
  • Export der Rente in jeden EU-Staat
  • Koordinierung zwischen ZUS (Polen) und DRV (Deutschland)

Bilaterales Abkommen für Zeiten vor 2004

Für Arbeitszeiten vor dem EU-Beitritt gilt das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen von 1975, das mehrfach aktualisiert wurde. Dieses deckt auch Zeiten in der Volksrepublik Polen ab.

Welche polnischen Zeiten werden anerkannt?

Versicherungspflichtige Beschäftigung

  • Alle Arbeitsverhältnisse bei ZUS-versicherten Arbeitgebern
  • Staatliche und kommunale Angestellte
  • Arbeiter in Industriebetrieben
  • Landwirtschaftliche Arbeiter (mit Einschränkungen)

Selbstständige Tätigkeit

  • Bei der ZUS registrierte Selbstständige
  • Freiberufler mit Sozialversicherung
  • Handwerker mit entsprechenden Beiträgen

Besondere Zeiten

  • Militärdienst in der polnischen Armee
  • Studienzeiten (begrenzt anrechenbar)
  • Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug
  • Krankheitszeiten mit Sozialversicherung

Benötigte Dokumente aus Polen

Hauptdokument: Zaświadczenie o okresach składkowych

Das wichtigste Dokument ist die Bescheinigung über Beitragszeiten von der ZUS (Zakład Ubezpieczeń Społecznych). Dieses enthält:

  • Chronologische Auflistung aller Versicherungszeiten
  • Arbeitgeber und Beschäftigungsarten
  • Beitragsgrundlagen und gezahlte Beiträge
  • Besondere Zeiten (Krankheit, Arbeitslosigkeit etc.)

Zusätzliche Dokumente

  • Arbeitsbücher (Książeczka pracy): Nachweis der Beschäftigungen
  • Arbeitsverträge: Bei wichtigen oder strittigen Zeiten
  • Lohnabrechnungen: Für Einkommensnachweise
  • Militärpass: Für Zeiten des Militärdienstes

So beantragen Sie polnische Dokumente

Direkt bei der ZUS

Sie können die Bescheinigungen online oder persönlich beantragen:

Online-Antrag über PUE ZUS:

  1. Registrierung auf pue.zus.pl
  2. Antrag "Zaświadczenie o okresach składkowych"
  3. Angabe des Verwendungszwecks: "emerytura w Niemczech"
  4. Bearbeitungszeit: 2-4 Wochen
  5. Kostenlos für EU-Zwecke

Über deutsche Rentenversicherung

Die Deutsche Rentenversicherung kann die polnischen Dokumente auch direkt anfordern. Dies dauert länger (2-4 Monate), ist aber kostenfrei.

Vollmacht für Angehörige

Sie können Familienangehörige bevollmächtigen, die Dokumente für Sie zu besorgen. Die Vollmacht muss notariell beglaubigt sein.

Häufige Probleme und Lösungen

Problem: Unvollständige ZUS-Bescheinigung

Ursache: Nicht alle Arbeitgeber haben korrekt gemeldet

Lösung:

  • Ergänzende Dokumente beschaffen (Arbeitsbücher, Verträge)
  • Korrekturantrag bei der ZUS stellen
  • Alternative Nachweise sammeln

Problem: Fehlende Arbeitsbücher

Ursache: Arbeitsbücher verloren oder beim ehemaligen Arbeitgeber

Lösung:

  • Kontakt zu ehemaligen Arbeitgebern
  • Ersatzbescheinigungen beantragen
  • Zeugenaussagen von Kollegen

Problem: Zeiten vor 1999

Besonderheit: Vor 1999 gab es in Polen ein anderes System

Lösung:

  • Spezielle Bescheinigungen für Altzeiten
  • Umrechnung nach aktuellen Regeln
  • Berücksichtigung der Systemänderung

Erfolgsgeschichte: Maria Schmidt

Ausgangssituation: 15 Jahre Arbeit in Polen (1985-2000), 20 Jahre in Deutschland

Herausforderung: Polnische Zeiten vor EU-Beitritt, unvollständige ZUS-Unterlagen

Ergebnis: Vollständige Anerkennung aller polnischen Jahre, Rentensteigerung um 280€/Monat

Besonderheit: Zusätzlich wurden 3 Jahre Kindererziehungszeit in Polen anerkannt

Rentenberechnung bei deutsch-polnischen Arbeitsbiografien

Pro-rata-Verfahren

Ihre Rente wird nach dem europäischen Pro-rata-Verfahren berechnet:

  1. Deutsche Rente: Berechnung nur der deutschen Zeiten
  2. Theoretische EU-Rente: Als hätten Sie nur in Deutschland gearbeitet
  3. Anteilige EU-Rente: Reduziert um das Verhältnis deutscher zu Gesamtzeiten
  4. Auszahlung: Der höhere der beiden Beträge

Beispielrechnung

Fallbeispiel Kowalski:

  • Polen: 12 Jahre (1990-2002)
  • Deutschland: 23 Jahre (2002-2025)
  • Gesamt: 35 Jahre Versicherungszeit
  • Deutsche Entgeltpunkte: 23 × 0,9 = 20,7 EP
  • Theoretische EU-Rente: 35 × 0,9 × 39,32€ = 1.238€
  • Anteilige EU-Rente: 1.238€ × (23/35) = 814€
  • Deutsche Rente: 20,7 × 39,32€ = 814€
  • Ergebnis: 814€ (beide Berechnungen gleich)

Tipps für polnische Arbeitnehmer

Vor der Antragstellung

  • Frühzeitig beginnen: Dokumentenbeschaffung kann dauern
  • Vollständigkeit prüfen: Alle Arbeitgeber auflisten
  • Übersetzungen vorbereiten: Wichtige Dokumente übersetzen lassen
  • Kontakte pflegen: Verbindungen zu Polen aufrechterhalten

Bei der Antragstellung

  • Alle Zeiten angeben: Auch kurze Beschäftigungen erwähnen
  • Chronologie beachten: Lückenlose zeitliche Darstellung
  • Besonderheiten erklären: Systemwechsel, Unterbrechungen etc.
  • Geduld haben: Internationale Verfahren dauern länger

Besonderheiten für verschiedene Generationen

Generation Solidarność (geboren 1950-1970)

  • Arbeitszeit in der Volksrepublik Polen
  • Erfahrung mit Systemwechsel 1989
  • Oft unvollständige Dokumentation
  • Besondere Anerkennung für politische Verfolgung möglich

EU-Generation (geboren 1970-1990)

  • Start in Polen, Fortsetzung in Deutschland ab 2004
  • Meist gute Dokumentation
  • Profiteure der EU-Freizügigkeit
  • Hohe Erfolgschancen bei Anerkennung

Junge Generation (geboren ab 1990)

  • Ausbildung oft in Deutschland
  • Digitale Dokumentation
  • Weniger komplexe Fälle
  • Fokus auf optimale Gestaltung

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